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Ärger um Rückforderungen vom Insolvenzverwaltern: Das sind die Schlupflöcher

Hamburg, 19. September 2017 – Ärger gibt es zuhauf: Hotels zitterten vor Nachforderungen des Unister-Insolvenzverwalters und Handwerker vor den Regressansprüchen eines insolventen GU beim Hotel Reichshof Curio by Hilton in Hamburg. Die Rechtslage ist nicht ganz transparent: Welche Geschäfte vor der Insolvenz darf der Insolvenzverwalter zurück holen?

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Bei Ausstattern und Zulieferern gibt es ein Schlupfloch: „Nicht anfechtbar sind außerdem alle Bargeschäfte des Unternehmers, also sofortige Bezahlung bei Erhalt der Leistung“, informiert der Berliner Insolvenzexperte Jörg Franzke. Der Rechtsanwalt macht klar: Zum Schutz der Gläubiger kann der Insolvenzverwalter alle Rechtshandlungen des insolventen Unternehmens der vergangenen zehn Jahre anfechten. „Allerdings muss nachgewiesen werden, dass der Begünstigte den Vorsatz des Unternehmers kannte. Seine Kenntnis wird vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung des Gläubigers benachteiligte“, so ein weiterer Ausweg laut Franzke.

Im Frühjahr hatte der Bundestag Änderungen beim Insolvenzanfechtungsrecht beschlossen. Ziel der Reform ist, unverhältnismäßige und unkalkulierbare Risiken im Insolvenzfall zu beseitigen. Dazu wurden die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung an einigen Stellen neu justiert, um übermäßige Belastungen und Rechtsunsicherheiten im Wirtschaftsverkehr zu beseitigen, informierte die Kanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte.

Im Kern geht es darum, die Rechte der Gläubiger zu stärken, die nichts von der Zahlungsunfähigkeit ihres Geschäftspartners wussten und daher noch von rechtlichen Möglichkeiten wie der Zwangsvollstreckung Gebrauch machten. Diese Zahlungen konnten vom Insolvenzverwalter häufig noch zurückverlangt werden. Das führte zu einer großen Rechtsunsicherheit und natürlich auch entsprechenden Risiken bei den betroffenen Gläubigern. Durch die Gesetzesänderung soll deren Position nun gestärkt werden. Unangebrachte Härten sollen für die Gläubiger, zu denen auch die Arbeitnehmer zählen, vermieden werden.

Das Insolvenzanfechtungsrecht regelt die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters Zahlungen, die der Insolvenzschuldner noch vor der Insolvenzeröffnung geleistet hat, zurückzuverlangen. Betroffen waren davon häufig Unternehmen, die ihrem Geschäftspartner Zahlungserleichterungen eingeräumt und z.B. Ratenzahlungen gewährt haben. Dies wurde oftmals dahingehend ausgelegt, dass die Gläubiger die drohende Zahlungsunfähigkeit bereits kannten. Der Insolvenzverwalter konnte dann die Zahlungen zurückfordern. Dies soll jetzt nur noch dann möglich sein, wenn der Gläubiger wusste, dass der Geschäftspartner definitiv zahlungsunfähig ist. Bei gewährten Zahlungserleichterungen wie beispielsweise Ratenzahlungen wird nun die Vermutung unterstellt, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. Die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter soll dann nicht mehr möglich sein.

Außerdem wurde die Anfechtungsfrist für die Vorsatzanfechtung von zehn auf jetzt vier Jahre verkürzt, wenn dem Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt wurde.

Änderungen gibt es auch bei Bargeschäften. Bei einem Leistungsaustausch innerhalb einer Frist von 30 Tagen, soll die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter nur noch möglich sein, wenn der Schuldner unlauter gehandelt hat und dies bekannt war. Entgelte für Arbeitnehmer sollen nicht angefochten werden können, wenn zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung nicht mehr als drei Monate liegen.