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Alarmplan für Deutschland: Sind auch Hotels gefährdet?

Polizei Bundespolizei GSG9

Polizei Bundespolizei GSG9UPDATE (Berlin, 09. Januar 2015) Die Ereignisse in Frankreich schlagen über: Einem Bericht des “Spiegel” zufolge habe das BKA einen Alarmplan für Deutschland in Kraft gesetzt. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern seien angewiesen worden, schnellstmöglich die aktuellen Aufenthaltsorte islamistischer Gefährder oder von relevanten Personen aus ihrem Umfeld zu ermitteln. Die Kontrollen sollten grundsätzlich verdeckt verlaufen, berichtet der “Spiegel“.

Der Nachrichtsender berichtete unter Bezug auf das BKA, es gebe 260 Gefährder aus dem islamistischen Extremismus, die im Verdacht stünden, Anschläge in Deutschland zu begehen. Es gebe laut BKA keine konkreten Hinweise auf Attentate in Deutschland. Die Gefahr sei aber weiterhin hoch. Eine BKA-Lageeinschätzung geht davon aus, dass der Anschlag auf die französische Satirezeitung “Charlie Hebdo” als “Initial” auch für in Deutschland lebende Personen wirken könne. Die Tat belege, dass sich derartige Anschläge jederzeit in europäischen Hauptstädten ereignen könnten. Das Vorgehen der Pariser Attentäter entspreche dem in jüngerer Zeit beobachteten und von “terroristischen Organisationen propagierten Trend in der Anschlagsausübung in westlichen Staaten”, so das BKA.

Sind auch Hotels gefährdet? Diese gelten in Sicherheitskreisen bereits seit Jahren als sog. weiche Ziele. Davor warnt der aus dem Fernsehen bekannte Hotel-Sicherheitsexperte Ulrich Jander im Interview mit HOTELIER TV & RADIO. Salafisten könnten in Hotels von innen heraus zuschlagen. Islamwissenschaftler warnen vor dem wachsenden Salafismus in Deutschland: Man muss jederzeit mit Gewalt rechnen.


Ein Hotel in Disneyland Paris wurde am Samstag (10. Januar 2015) evakuiert, nach von einem “bewaffeneten Angreifer” die Rede – zum Glück stellte sich das Ganze als falscher Alarm heraus. Die Gäste wurden ins Freie gebracht, Panik bereitete sich aus. Die Angst um einen Angriff auf das Hotel war letztendlich ungegründet, doch zeigt die instabile Lage auf.


Terrorbekämpfung in Hotels – Audio-Interview mit Hotel-Sicherheitsexperte Ulrich Jander bei HOTELIER TV & RADIO
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Welche Sicherheits-Maßnahmen in punkto Terrorabwehr Hotelketten mit jüdischem Hintergrund (wie Leonardo Hotels) treffen, ist noch nicht bekannt. Jüdische Geschäfte im Pariser Viertel Marais wurden angewiesen, sicherheitshalber zu schließen.

“Von Seiten der GCH Hotelgroup werden keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen gertroffen”, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Man arbeite eng mit den Franchisepartnern wie Accor oder Wyndham zusammen. “Zudem gibt es kein GCH Hotel was in einem Risikohohen-Bereich liegt wie beispielsweise an Flughäfen oder ähnliches”, so die Sprecherin.

Von Leonardo Hotels war keine Stellungnahme zu erhalten.

Terrorgefahr: Was bei Geiselnahmen in Hotels und Restaurants zu tun ist
Die Geiselnahme von Sydney schreckt auch hierzulande auf: Was ist in solchen Fällen in deutschen Hotels oder Restaurants zu tun? Unlängst erörterte Sicherheitsexperte Jander mit Terrorabwehr-Spezialisten des Bundeskriminalamtes mögliche Szenarien in deutschen Gastbetrieben. Entscheidend sei ein Notfallplan, der greifen müsse, so Jander. Für die Einsatzkräfte müssen Grundrisse und Baupläne der Gebäude sofort bereit stehen.

Das gehört zu einem Notfallplan bei Terrorangriffen (Ausschnitt):

  • Grundrissplan des Gebäudes muss zentral hinterlegt werden, auch Feuerwehreinsatzpläne
  • Kennzeichnung der zentralen Stromversorgung durch den Netzbetreiber, um den Strom schnell abstellen zu können
  • Wo lassen sich Internetleitungen und TV-Kabeleinspeisung schnell abstellen?
  • Für Geiseln: Hinweise zu alternativen Kommunikationswegen (wenn unbeobachtet)
  • Welche Fluchtmöglichkeiten gibt es für Geiseln: Fenster, Kellerfenster, Dachausstieg, Fluchtwege über Dächer angrenzender Gebäude?
  • Wie können sich Gäste in Sicherheit bringen, Türen verbarrikadieren?

“Solche Vorbereitungen im sog. Travel Risk Management gehören heute leider zur Gefahrenabwehr”, so Jander. Die wichtigen Informationen sollten zentral auf Servern der Hotelzentralen oder bei Gastronomie-Franchisegebern hinterlegt werden.

Weltweit kommt es immer wieder zu Terrorangriffen auf Hotels wie zuletzt im Mumbai in Indien oder nun in einem Café in Sydney in Australien. Auch in Deutschland ist die Gefahr von rückkehrenden IS-Kämpfern und radikalisierten Salafisten stark gestiegen.


Interview mit Ulrich Jander: Zweiten Rettungsweg kennen

TV-Hotelchecker Ulrich Jander weiß wo im Hotel die Knackpunkte sind
TV-Hotelchecker Ulrich Jander weiß wo im Hotel die Knackpunkte sind

Wie sicher sind Hotels vor Geiselnahmen im Hinblick auf Frankreich?
Ulrich Jander: „Eine Sicherheit gibt es nicht in der Hotellerie und schützen kann man sich unter den gegeben Gesichtspunkten auch nicht. Wir haben es bei Terroranschlag in Mumbai gesehen, wie einfach es ist ein Hotel zu besetzen. Hotels sind weiche Ziele und diese können nicht geschützt werden das wissen auch die Attentäter.“

Wie kann ich mich denn verhalten, wenn solche Leute ins Hotel stürmen?
Jander: „Da hilft nur noch eins abtauchen Deckung suchen und nach dem Motto: Jeder ist sich selbst der Nächste – es bringt hier nichts, den Helden zu spielen und versuchen so schnell wie möglich raus zu kommen.
Ja, und wenn man irgendwie auf dem Zimmer oder im Verwaltungsbereich ist – da hilft nur noch eins: Mit Muskelkraft versuchen, Möbel wie Aktenschränke vor die Tür schieben, die Tür vorher abschliessen – und man sollte sich von Tür und Fenstern fernhalten.“

Was mache ich denn mit den anderen Gästen und Kollegen?
Jander: „Ruhe bewahren! Es bringt nicht das man hier kopflos herumrennt. Man sieht ja die Brutalität dieser Terroristen, die alles abknallen was ihnen vor den Lauf kommt. Innerhalb des Personals sollte man sich auch schon mal Gedanken machen: Wie kann ich am schnellsten von meinem Arbeitsplatz, sei es Büro, Küche oder ähnliches, mich in Sicherheit bringen?

Kann man eine solche Situation einüben?
Jander: „Wäre nicht schlecht, wenn man den zweiten Rettungsweg, kennt den man nehmen kann – über die Anlieferung, durch den Müllraum oder ähnliches.“


Der Anschlag von Paris hat sich angekündigt – Berichterstattung über Muslime, Migranten und Ausländer in internationalen TV-Nachrichten
Der Terroranschlag von Paris zeigt, dass nur wenige seit den Anschlägen von 9/11 in New York, von London, von Madrid bzw. den Danish-Cartoons oder der Regensburg Rede von Papst Benedikt gelernt haben bzw. lernen wollen: Die Stereotype in der Darstellung haben bei den wenigsten nachgelassen – schon gar nicht bei den Meinungsführer-Medien. Die aktuellen Media Tenor-Daten, die heute im Rahmen des Neujahrs-Empfangs in Wien vorgestellt wurden, zeigen eine weitere Verschärfung im Jahr 2014: Wenn Muslime oder der Islam dargestellt wurden, dann mit einem bis dahin nie gesehenen Anteil von über minus 80 Prozent negativer Berichterstattung.

Berichterstattung über Muslime, Migranten und Ausländer in internationalen TV-Nachrichten

Die Dialog-Bereitschaft zwischen den Kulturen hat zudem durch die verschärfte Berichterstattung über Migranten nachgelassen. Flüchtlinge wurden im Durchschnitt in der Regel als Gefahr und Belastung und selten als Bereicherung dargestellt, wie die Analysen in der Anlage verdeutlichen. Seit zwei Jahrzehnten, in denen auch Ereignisse wie in Sebnitz und Hoyerswerda analysiert wurden, liefert Media Tenor Daten zum Wechselspiel zwischen Medien-Berichterstattung und Reaktionen beim Publikum. Gemeinsam mit dem WEF wurde 2008 in Davos erstmals der Annual Dialog Report vorgestellt. Media Tenor führte das Projekt schließlich gemeinsam mit Prinz Ghazi von Jordanien, dem Bischof von London sowie dem Grossmufti von Ägypten, Dr. Ali Gomaa, als C1 Dialog weiter. Als im Rahmen der Minarett-Initiative in der Schweiz ähnliche Terror-Gefahren realistisch wurden, gelang es C1 durch gemeinsam geschriebene Opeds von Ali Gomaa und dem Bischof von London und den bei C1 beteiligten Medien die Eskalation im Keim zu ersticken. Durch den Arabischen Frühling wurde das Projekt ausgesetzt.

Im Rahmen der von UN Academic Impact und Media Tenor seit Jahren durchgeführten „UnlearningIntolerance“ Seminare werden die Daten unverändert einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, zuletzt wieder am 8. Dezember 2014 bei der UN in New York. Ohne eine breitere Bereitschaft, insbesondere auf Seiten der TV-Sender, sich diesen Medien-Wirkungs-Daten zu stellen und entsprechende Korrekturen im Sinne des Beispiels vom Dänischen TV Senders DR-TV vorzunehmen, erhalten Extremisten auf allen Seiten weiter Rückenwind.

Media Tenor hat für diese Studie alle 509.618 Berichte über alle genannten Akteure in 20 internationalen TV-Nachrichten ausgewertet, davon 8.359 über muslimische Protagonisten. Zeitraum der Analyse war 1. Januar bis 15. Dezember 2014. Die durchschnittliche Inter-Kodierer-Reliabilität lag im 3. Quartal 2014 bei 87,15 Prozent.