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Ausbildung im Hotel und Restaurant: Vernichtende Kritik von Gewerkschaftsbund – Uneinigkeit zwischen Dehoga und HDV um Qualitätssiegel

(Berlin, 10. September 2014) Der DGB-Ausbildungsreport gibt dem Gastgewerbe in punkto Lehre eine klare 6: “Permanent viele Überstunden, ein rauer Ton, der Eindruck, ausgenutzt zu werden und eine oftmals fachlich schlechte Anleitung bestimmen den Arbeitsalltag”, heißt es in einer aktuellen Studie des Gewerkschaftsbundes. Die Ausbildungsberufe Hotelfach und Koch haben die schlechtesten Bewertungen. Die Folgen des Nachwuchs- und Fachkräftemangels sind in der gesamten Branche deutlich spürbar. Um dagegen zu steuern gibt es große Initiativen vom Dehoga und der Hoteldirektorenvereinigung (HDV) – doch Zusammenarbeit gibt es da nicht.

Exzellente Ausbildung in der Hotellerie - HDV Gütesiegel - Logo

Das HDV-Qualitätssiegel “Exzellente Ausbildung” ist eine Speerspitze in der Hotellerie: Immer mehr Hotels erreichen das Gütesiegel bei einem Audit durch die Dekra. Mit dem Siegel hatte die HDV den Nerv der Branche getroffen: Bereits zum Start vor einem Jahr hatten sich 20 Hotels darum beworben. Nun sind bereits über 30 Gastbetriebe zertifiziert.


 Über das HDV-Gütesiegel “Exzellente Ausbildung”
Nur Hotels, die einen 17 Punkte umfassenden Katalog der so genannten „Muss-Kategorie“ ausnahmslos positiv beantworten, kommen für das Gütesiegel in Frage. Dazu zählen beispielsweise regelmäßige und dokumentierte Schulungen für alle Lehrlinge des Hauses sowie nachweisbare Zwischengespräche zu den erzielten Lernfortschritten. Anschließend gilt es mindestens 50 Prozent innerhalb der in 25 Punkte untergliederten „Kann-Kategorie“ zu erreichen. In diesem Bereich geht es unter anderem um eine übertarifliche Bezahlung und eine monatliche Dienstzeitenkontrolle zur Verhinderung von Überstunden. Sind alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, übernehmen die unabhängigen Prüfer der Dekra das abschließende Audit. Die Ausstellung des Zertifikats erfolgt durch die HDV.  Alle zwei Jahre wird ein Wiederholungsaudit durch die Dekra und eine Rezertifizierung durch die HDV erforderlich.
Mehr: www.exzellente-ausbildung.de


Trotz des Anfangserfolgs plant der Dehoga-Bundesverband keine direkten Zusammenarbeit mit der HDV. In mehreren Dehoga-Landesverbänden gebe es Initiativen, die auf Basis von Selbstverpflichtungen oder Azubi-Befragungen Qualitätsstandards definieren, die über die gesetzlichen hinausgehen und die dann von den Ausbildungsbetrieben in der Kommunikation und im Nachwuchsmarketing verwendet werden können, teilte Sandra Warden vom Dehoga-Bundesverband mit. Die kleinteilige, regionale Initiative erleichtere die Kommunikation nicht gerade, wird zugegeben.

“Eine Schlüsselrolle hat die Zusammenarbeit mit den IHK’s als zuständigen Stellen für die Berufsausbildung. Denn diese erleichtert die Identifikation der ‘schwarzen Schafe’ und ermöglicht überhaupt erst effektive Sanktionen, die ja nur die IHK verhängen kann. Deshalb laufen fast alle Dehoga-Initiativen – bis auf Berlin – auch in Kooperation mit den jeweiligen IHK’s”, so Frau Warden.

Ein deutschlandweites, aufmerksamkeitsstarkes Siegel mit starker Bewerbung wäre wirkungsvoller, meint David Depenau, Schatzmeister der HDV und Chef des Resorts Weissenhäuser Strand. Das HDV-Siegel gebe es auch für Restaurantfachleute und sei mit einem Jahresbetrag ab 500 Euro vergleichsweise günstig. Beim Dehoga habe man sehr wohl Sanktionsmöglichkeiten, widerspricht Depenau. Man könne uneinsichtige Mitgliedsbetriebe ausschließen.

Das Ansinnen des Dehoga, das Problem “freiwillig”, also mit einer Selbstverpflichtung zu lösen, sei nicht nachvollziehbar, so Depenau: “Man könnte ja künftig auch den Pkw-Fahrern die Blitzgeräte zur Eigenkontrolle überlassen”, so sein Kommentar. Der Top-Hotelier ist überrascht über die Unkenntnis von wichtigen Rahmenbedingungen bei dem HDV-Qualitätssiegel. “Mich befremdet es, dass man offenbar beim Dehoga-Bundesverband darüber augenscheinlich schlecht informiert sei”, so Depenau.

Das Problem des Ausbildung-Negativimages ist komplex: Verbandsmanagerin Warden nennt die wichtigsten Eckpunkte: Ausbilderschulungen, Runde Tische, Tarifarbeit und Ausbildungsbotschafter müssten geplant werden. Benötigt werde ein Modell mit einer gewissen “Breitentauglichkeit” in Hotellerie und Gastronomie, das auch für kleinere Gastbetriebe umsetzbar sein muss.

Vielleicht gibt es da doch eines Tages Einigkeit unter den Verbänden. Doch der Dehoga grenzt sich bislang ab: Eine Zertifizierung über einen “gewinnorientierten Anbieter wie die Dekra” käme nicht in Betracht.