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Dehoga-Bundesverband: Gema nutzt Monopolstellung für radikale Tarifreform und ignoriert Argumente der Musiknutzer

(Berlin, 03. April 2012) Mit einer bisher noch nie dagewesenen Vorgehensweise und Arroganz spielt die Gema ihre übermächtige Stellung gegenüber den Musiknutzern in Deutschland aus: Ohne jegliche Bereitschaft, Kompromisse zu suchen oder zu verhandeln, hat sie der Bundesvereinigung der Musikveranstalter neue Tarife vorgelegt. „Die Gema will ab dem 1. Januar 2013 eine vollkommen neue Tarifstruktur im Veranstaltungsbereich zur Anwendung bringen, die zu existenzbedrohenden Erhöhungen der Gema-Gebühren für Livemusik- und Tonträgerveranstaltungen führt“, erklärt Ernst Fischer, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga-Bundesverband), der gleichzeitig auch Vorsitzender der Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V. ist. „Offensichtlich will die Gema ihre Einnahmen auf Kosten der Musikveranstalter erheblich steigern.“

Zwei Tarife (für Livemusik und für Tonträgermusik) sollen künftig insgesamt elf Tarife ersetzen. Damit geht ein sehr großer Teil der mit diesen unterschiedlich gestalteten Tarifen erzielten Einzelfallgerechtigkeit verloren. Betroffen sind alle Veranstaltungen, in denen Musik live oder von Tonträgern (CD, DVD, PC, Laptop usw.) gespielt wird. Das sind z.B. alle Veranstaltungen in der Gastronomie, vom Jazzabend bis zur Ü-30-Party, Tanzveranstaltungen, Bälle, Galas, Silvesterfeiern, Bunte Abende aber auch Straßenfeste, die durch ein aktuelles BGH-Urteil schon jetzt eine Vervielfachung der Lizenzgebühren zu verkraften haben.

Die Gema „verkauft“ ihre neue Tarifstruktur damit, dass sie einfacher und ausgewogener sei und zu deutlichen Vergünstigungen führe. Sie verschweigt aber, dass die Vergünstigungen nur verhältnismäßig wenige Veranstaltungen, mit Eintrittsgeld zwischen 2 und 8 Euro, betreffen. Für viele Musiknutzer bringt die Tarifstruktur hingegen Erhöhungen von zum Teil mehreren hundert bis zu über tausend Prozent mit sich.

Die Gema-Gebühren für eine Live- oder Tonträgerveranstaltung verändern sich beispielsweise wie folgt:

  • ohne Eintritt, bis 100 qm Fläche = keine Vergünstigung
  • ohne Eintritt, bis 200 qm Fläche = Erhöhung um 25 %
  • 15 Euro Eintritt, bis 200 qm Fläche = Erhöhung um 45 %
  • 15 Euro Eintritt, bis 600 qm Fläche = Erhöhung um 81 %
  • 40 Euro Eintritt, bis 2200 qm Fläche = Erhöhung um 534 %

Weitere Tarifänderungen führen zum Wegfall von Nachlässen (z.B. beim Abschluss eines Jahrespauschalvertrages) sowie zu weiteren Zuschlägen. So erhöhen sich die oben genannten Veranstaltungen um weitere 50 Prozent, wenn Musik länger als fünf Stunden gespielt wird. Die Gema-Gebühren für eine Abendveranstaltung mit Musik, die um 19:30 Uhr beginnt, würden sich dann ab 0:30 Uhr nochmals deutlich verteuern. Discotheken, deren Veranstaltungen in der Regel von 22 bis 5 Uhr laufen, sind besonders betroffen. Ihnen drohen Erhöhungen von durchschnittlich 400 Prozent (6 Euro Eintritt, 200 qm Fläche) bis zu 1.400 Prozent (15 Euro Eintritt, 500 qm Fläche). Das ist definitiv existenzgefährdend.

Hinzu kommen bei Tonträgerveranstaltungen üblicherweise weitere prozentuale Zuschläge, z.B. Vervielfältigungszuschläge, wenn ein PC oder Laptop eingesetzt werden, sowie Zuschläge für die Verwertungsgesellschaft GVL. Diese Zuschläge erhöhen sich ebenfalls gewaltig, da sie auf Grundlage des Gema-Tarifs berechnet werden.

Beispielrechnungen:

  • Für eine Abendveranstaltung von 20 bis 2 Uhr ohne Eintritt mit Tonträgermusik mittels Laptop auf einer Fläche von 100 bis 200 qm erhöhen sich die Gema-Gebühren (inkl. aller Zuschläge) für Verbandsmitglieder von 50,54 Euro netto auf 80,96 Euro netto (+ 60 %).
  • Für eine Abendveranstaltung mit einem Livemusiker und 15 Euro Eintritt auf einer Fläche von 100 bis 200 qm erhöhen sich die Gema-Gebühren für Verbandsmitglieder von 160,68 Euro netto auf 360 Euro netto (+118 %).
  • Bei durchschnittlich zehn Veranstaltungen pro Monat in einer mittelgroßen Discothek mit 2 Dancefloors von z.B. 410 und 310 qm bei einem Eintrittsgeld von 8 Euro erhöhen sich die Gema-Gebühren (inkl. aller Zuschläge) von 21.553 Euro netto/Jahr auf 147.916 Euro netto/Jahr (+ 686 %).

Den Musiknutzern drohen darüber hinaus Tariferhöhungen durch die GVL, die ihren derzeitigen Zuschlag für die Wiedergabe von Tonträgern von 20 auf künftig 100 Prozent der Gema-Tarife erhöhen möchte. Hiergegen führt die Bundesvereinigung bereits ein gerichtliches Verfahren.

Auch im Hinblick auf die Gema-Tarife bleibt offensichtlich nur der Weg vor Gericht. Für eine Tarifstrukturänderung besteht keine Veranlassung, die Tarife haben sich seit über 50 Jahren im Markt bewährt. Auch der Aufsichtsbehörde wurden erst vor vier Jahren – damals noch gemeinsam mit der GEMA – qualifizierte Sachgründe genannt, die die bestehenden Strukturen rechtfertigen. Es wird höchste Zeit, dass den ausufernden Forderungen der Verwertungsgesellschaften endlich ein Riegel vorgeschoben wird.