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EU-Kommissionspräsident Barroso: Tourismus bedeutender als Automobilindustrie

(Berlin, 03. Dezember 2013) Dieser Satz müsste die Große Koaltion wach rütteln: Mit einem Anteil von 8.4 Prozent am europäischen Bruttosozialprodukt läge die Bedeutung des Tourismus über der von Lebensmittel-, Chemie- oder Automobilindustrie. Dies sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beim Tourismusgipfel in Berlin.

Tourismus bedeutender als Automobilindustrie

Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft hatte die hährliche Veranstaltung zum 17. Mal durchgeführt. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD trägt der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung der Touristik allerdings nicht Rechnung: Die Streichung der Flugabgabe (Luftverkehrssteuer) wurde in letzter Konsequenz wieder aus dem Koalitionspapier genommen und bleibt also bestehen. Die deutsche Luftverkehrsbranche ist sichtlich konsterniert. Allerdings wird an der gesenkten Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen festgehalten – die SPD hatte im Wahlprogramm den früheren Umsatzsteuersatz von 19 Prozent gefordert.

Barroso würdigte in seiner Rede vor 500 Teilnehmern des BTW-Tourismusgipfels die Qualität des Reisezieles Deutschland, besonders der MICE- und Geschäftsreisedestination. Unter den aktuellen Arbeitsthemen ging der EU-Kommissionspräsident auf die Bedeutung des Tourismus für die Arbeitsmärkte sowie die Entwicklung von Ausbildungs- und Servicequaltät ein.

BTW-Präsident Michael Frenzel richtete seinen Appell an Politik und Branche dafür Sorge zu tragen, dass die Tourismuswirtschaft in Deutschland wichtiger Wirtschaftsfaktor und Wachstumsmarkt bleibe. „Wie zu erwarten ist der Vertrag ein großer Kompromiss – im Wesentlichen gilt dies auch, wenn man einen übergreifenden Blick auf die tourismusrelevanten Themen wirft. Einiges geht in die richtige Richtung, manches ist nicht so schlimm wie befürchtet, vieles müssen wir allerdings mit einem deutlichen ‘Aber’ versehen und elementare Wettbewerbsverzerrungen wurden nicht abgebaut“, so Frenzel.

In einer Diskussionsrunde diskutierten Touristiker der neuen und der traditionellen Ökonomie. Michael Buller vom Verband Internet Reisevertrieb plädierte dafür, nicht zwischen Online und Offline zu urteilen sondern nach dem Nutzen für den Kunden. Der Kauf entscheide. Ibis-Brand-Manager Peter Verhoeven von Accor verwies darauf, dass noch immer 50 Prozent der Gäste Stammkunden sind und nach Erfahrung buchen. Verlagsmanager Christoph Keese (Axel Springer Verlag) träumte: Wenn ich mein Outlook aufmache, könnte mir der neue Veranstalter den perfekten Urlaub mit Buchungsbutton anbieten. Sie können doch alles wissen von mir: wann ich zuletzt in Urlaub war, mit wem, welche Präferenzen. So könnte die Dienstleistung in Zukunft gehen. DER-Manager Sören Hartmann schränkt allerdings ein, dass nicht alles virtualisiert werden kann. Den Vorteil hätte nicht der, der das Produkt, sondern der, der die Information und die Technologie dafür habe. An der Stelle seien allerdings die Branchefremden Newcomer besser aufgestellt.

New Economy-Hotelier Marco Nussbaum (Prizeotel) hält dagegen, dass die deutsche Gesetzgebung mit den Möglichkeiten der Technik nicht Schritt hält. Prizeotel wollte das Nadelöhr Check-in mit einem vollautomatisiertem Prozess abkürzen. Dem stand das Ausfüllen des physischen Meldezettels als unüberwindliches Hindernis entgegen. Michael Buller sprang dem mit den Fallbeispielen AirBnB und 9flats zur Seite.