Skip to content

Gastronomie: Rauchverbot in Sachsen und Saarland teilweise ausgesetzt

Die in den meisten Bundesländern eingeführten Rauchverbote in Gaststätten sorgen weiter für Streit. Während das Deutsche Krebsforschungszentrum auf weiter bestehende Gefährdungen für Mitarbeiter hinwies, ließen Gerichte in Sachsen und im Saarland Ausnahmen von den Verboten zu.

In kleinen Kneipen in Sachsen darf vorerst weiter geraucht werden. Das Landesverfassunsgericht setzte am Donnerstag in einem Eilverfahren das seit 1. Februar im Freistaat geltende Nichtraucherschutzgesetz für sogenannte inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten aus. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass den Gastronomen durch ein Rauchverbot schwere, nicht wieder gut zu machende Nachteile entstehen könnten. Bereits der Ausfall eines Teils der Stammgäste könne zu einer existenzgefährdenden Situation führen. Allerdings gilt diese Ausnahme nur dann, wenn die betreffende Gaststätte vom Inhaber selbst geführt wird.

Das Gericht gab damit vorerst den Klagen von Gastronomen gegen das Gesetz statt. Sie hatten argumentiert, dass sie bei einem Rauchverbot gegenüber Gaststätten mit mehreren Räumen, welche separate Räume für Raucher einrichten können, benachteiligt werden. Der sächsische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga wertete die Entscheidung als Teilerfolg. “Wir sehen es als Bestätigung, dass nach Rheinland-Pfalz auch ein hiesiges Gericht die besondere wirtschaftliche Betroffenheit von inhabergeführten Ein-Mann-Kneipen festgestellt hat”, sagte Hauptgeschäftsführer Frank Lehmann. Allerdings hat die Eilentscheidung nur vorläufigen Charakter. Ein Urteil im Hauptsache-Verfahren steht noch aus. 
  
In Wasserpfeifen-Cafés im Saarland darf weiter geraucht werden. 

Saarland: Ausnahme für Wasserpfeifen-Cafés
Im Saarland setzte das Landesverfassungsgericht am Donnerstag das Rauchverbot in sogenannten Wasserpfeifen-Cafés aus. Es gab der Verfassungsbeschwerde von Betreibern eines sogenannten Shisha-Cafés vorerst Recht. Diese hätten, so die Richter, ihr Gewerbe einstellen müssen, um den gesetzlichen Vorgaben zum Nichtraucherschutz gerecht zu werden. Shisha-Cafés würden fast ausschließlich von Wasserpfeifen-Rauchern besucht. Auch in diesem Verfahren steht eine endgültige Gerichtsentscheidung noch aus.
 

Krebsforscher sorgen sich um Gaststättenmitarbeiter
Scharfe Kritik an den derzeit geltenden Ländergesetzen mit Rauchverboten für Gaststätten kam indes am Donnerstag vom Deutschen Krebsforschungszentrum. “Nach wie vor arbeiten viele Beschäftigte der Gastronomie in Raucherräumen oder bei Veranstaltungen, in denen geraucht wird, oder gar in Raucherclubs”, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Krebsforschungszentrums, Otmar Wiestler. Der Bund solle diese Ausnahmen als “eklatante Missachtung des Gesundheitsschutzes” abschaffen.

Lesen Sie hier die aktuelle Veröffentlichung des Verfassungsgerichtshofes Sachsen:

Verfassungsgerichtshof setzt die Anwendung des Nichtraucherschutzgesetzes für inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten vorläufig aus

Mit Beschluss vom heutigen Tage setzte der Verfassungsgerichtshof § 2 Abs. 2 Nr. 8 des Sächsischen Nichtraucherschutzgesetzes bis zur Entscheidung über die in der Hauptsache noch anhängigen Verfassungsbeschwerden außer Anwendung, soweit das Rauchverbot Ein-Raum-Gaststätten erfasst, in denen neben dem Inhaber keine weiteren Personen im laufenden Gastronomiebetrieb tätig sind und in deren Eingangsbereich deutlich sichtbar darauf hingewiesen wird, dass das Rauchverbot nicht gilt.

Mit den im Februar 2008 eingegangenen Anträgen begehrten mehrere Inhaber von Ein-Raum-Gaststätten, das Rauchverbot im Wege des Erlasses einstweiliger Anordnungen vorläufig au-ßer Anwendung zu setzen. Zur Begründung führten sie an, aufgrund der geringen Größe ihrer Gasträume sei die Einrichtung eines separaten Raucherraumes ausgeschlossen. Wegen der daher fehlenden Möglichkeit, in ihren Gasträumen das Rauchen zu gestatten, seien ihre rau-chenden Stammgäste, die 75 bis 95% ihrer Gäste ausgemacht hätten, seit dem In-Kraft-Treten des Sächsischen Nichtraucherschutzgesetzes weitgehend ausgeblieben. Aufgrund des hiermit verbundenen Umsatzrückgangs von 20 bis 50%, vereinzelt bis 70%, seien sie in naher Zu-kunft nicht mehr in der Lage, die monatlichen Betriebsausgaben zu bedienen. Die Antragstel-ler sahen hierin einen Verstoß gegen ihre Berufsfreiheit (Art. 28 Abs. 1 SächsVerf) sowie gegen die Eigentumsgarantie (Art. 31 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf). Ferner werde durch ihre Be-nachteiligung gegenüber Mehrraum-Gaststätten der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 18 Abs. 1 SächsVerf) verletzt.

Die Anträge hatten Erfolg. Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung allein maßge-bende – vom Ausgang der Hauptsacheverfahren unabhängige – Folgenabwägung fiel zuguns-ten der Antragsteller aus. Die Aussetzung des allgemeinen Rauchverbots in inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten, in denen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten kein Raucherraum eingerichtet werden könnte, sei aus Gründen von besonderem Gewicht geboten. Erginge die einstweilige Anordnung nicht und hätten die Verfassungsbeschwerden in der Hauptsache spä-ter Erfolg, so könnten den Antragstellern schwere, nicht wieder gut zu machende Nachteile entstehen; denn bereits der Ausfall eines nicht unerheblichen Teils der Stammgäste könnte angesichts der unverändert bleibenden monatlichen Betriebsausgaben zu einer existenzge-fährdenden Situation führen. Deren tatsächlichen Eintritt abzuwarten, hätte die Versagung effektiven Rechtsschutzes zur Folge. Demgegenüber käme den Nachteilen, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung erginge und die Verfassungsbeschwerden später ohne Er-folg blieben, weniger Gewicht zu. Das gesetzgeberische Ziel, die Gesundheit vor Gefahren des Passivrauchens zu schützen und den Tabakkonsum bei Kindern und Jugendlichen zu ver-ringern, könne zwar vorübergehend nicht erreicht werden. Die einstweilige Aussetzung des Rauchverbots beschränke sich aber auf Gaststätten, zu deren Kunden ohnehin kaum Kinder und Jugendliche zählten und die im Wesentlichen von Rauchern frequentiert würden. Nicht-raucher könnten in der Übergangszeit aufgrund des anzubringenden Hinweises bewusst ent-scheiden, ob sie die Gaststätte aufsuchten.
Die einstweilige Anordnung entfaltet Geltung für alle vom Entscheidungstenor erfassten Ein-Raum-Gaststätten.

Mit der Entscheidung wurde keine Aussage über den voraussichtlichen Ausgang der Verfas-sungsbeschwerdeverfahren getroffen.

Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 27. März 2008 – Vf. 25-IV-08 (e.A.)/Vf. 27-IV-08 (e.A.)/Vf. 29-IV-08 (e.A.)/Vf. 31-IV-08 (e.A.)/Vf. 33-IV-08 (e.A.)/Vf. 35-IV-08 (e.A.)/Vf. 37-IV-08 (e.A.)/Vf. 43-IV-08 (e.A.)/Vf. 45-IV-08 (e.A.)

§ 2 Allgemeines Rauchverbot

(1) Das Rauchen ist in folgenden Einrichtungen untersagt:
(…)

(2) Soweit nicht von Absatz 1 erfasst, gilt das Rauchverbot auch in folgenden Einrichtungen:
(…)

8. Gaststätten im Sinne von § 1 des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3418), das zuletzt durch Artikel 149 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2424) geändert worden ist, in der am 1. März 2007 geltenden Fassung, sowie Einrichtungen, die den Vorschriften des Gaststättengesetzes unter-liegen;
(…)

§ 3 Ausnahmen

Das allgemeine Rauchverbot gilt nicht in
(…)

3. abgetrennten Nebenräumen von Gaststätten, sofern diese als Räume, in denen das Rauchen zugelassen ist, gekennzeichnet sind, mit Ausnahme von Diskotheken;
(…).

Die Zulassung von Raucherräumen sei ein “kardinaler Konstruktionsfehler” der meisten Landesgesetze, so Wiestler. Wegen der außerordentlich hohen Belastung der Atemluft mit Tabakrauch seien sie für Beschäftigte der jeweiligen Gaststätten eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr. Wiestler forderte eine bundeseinheitliche Regelung und die Einführung einer komplett rauchfreien Gastronomie.