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Hotellerie: Nächtigungsplus schafft Arbeitsplätze in Österreich – Jahrhunderthochwasser bremst Jobmotor Hotellerie nur kurz

(Wien, 06. August 2013) Die Hochsaison ist angelaufen, die Hotels sind voll mit Gästen und Mitarbeitern. Denn während andere Betriebe schließen: Hotels schaffen Jobs. Eine Werbeoffensive und eine Steuerpolitik, die Arbeitsplätze vor Ort fördert statt bestraft, soll den Trend verstärken, forderte ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer. Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Arbeitsplätze in Österreich um 0,6 Prozent. Im Tourismus lag das Plus bei 3,3 Prozent, war also mehr als fünfmal so hoch.

Jobmotor Tourismus in Österreich

“Wir haben so viele offene Stellen, vom Service über die Küche bis zum Online-Bereich: In ganz Österreich eröffnet ein Spitzenbetrieb nach dem anderen – und alle brauchen Mitarbeiter”, erklärte Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Im Juli kam es im Tourismus durch das Hochwasser in den tourismusintensivsten Bundesländern zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, der aber unter dem in der Gesamtwirtschaft liegt: “Für die Hotels in den betroffenen Gebieten war das ein Rückschlag, aber es geht längst wieder bergauf, die Gäste sind da, die Mitarbeiter wieder an den Arbeitsplätzen”, gibt die Branchenkennerin Entwarnung. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen hat die Hotellerie keine strukturellen Probleme.

2012 schrieb das AMS 63.000 Stellen für Kellner, Gaststättenköche und Reinigungskräfte aus. Die meisten Jobs entstehen in Top-Hotels mit überdurchschnittlichen Gehältern und 1a-Arbeitsbedingungen. Einer Analyse von mehr als 12.000 Brutto-Ist-Löhnen zufolge sind die Stundenlöhne in der Hotellerie seit 2007 um 17,9 % gestiegen. Das ist eine Folge des weltweiten Reisebooms. Ein Ende des Trends ist laut Reitterer nicht in Sicht: “Die Frage ist nur, wie viele der neuen Reisenden wir nach Österreich holen können.”

Reitterers Appell an die Regierung: “Die Schweiz ist ein Finanzplatz, Deutschland ein Industrieland, wir sind Tourismusweltmeister. Aber Banken und Industrien schwächeln weltweit, die Reisetätigkeit nimmt zu. Nutzen wir das!” Bei der Ausarbeitung einer Nation Brand müsse der Fokus darauf gerückt werden, wofür Österreich steht: “Österreich ist ein modernes Kulturland mit viel Tradition in seiner unvergleichlichen Dienstleistungsqualität in einer einzigartigen natürlichen Umgebung”, hält Reitterer fest.

Problematisch sind allerdings die Rahmenbedingungen: “Unsere Lohnnebenksoten finanzieren die Wahlzuckerl. Damit muss Schluss sein!” Der Bundeshaushalt profitiert von der kalten Progression auf Kosten der Mitarbeiter: “Einsteiger und Junge müssen mehr auf die Hand bekommen. Die Arbeitgeber haben mit einer Lohnerhöhung um 9,5 % getan, was sie konnten. Aber davon muss mehr bei den Mitarbeitern ankommen”, fordert Reitterer die Arbeitnehmervertreter im Nationalrat auf, gemeinsam mit den Arbeitgebern höhere Nettolöhne umzusetzen.

Echter Einsatz für Jobs und Lehrstellen gefordert
Von der Gewerkschaft fordert Reitterer “ernstzunehmendes Engagement für Arbeitsplätze und Ausbildung im Tourismus.” Der Tourismus dürfe nicht, wie etwa beim Fachkräftestipendium, grundlos von Ausbildungsmaßnahmen ausgenommen werden. Zugesagt wurde von der Gewerkschaft bereits, die Weiterentwicklung der dualen Ausbildung nicht weiter zu blockieren: “Damit blockiert die Gewerkschaft, was der Sozialminister fordert: mehr neue Lehrstellen.” Auch für längere Beschäftigungszeiten gibt es ein Konzept: “Was dort drinsteht kostet nichts und bringt viel – aber es wird mit fadenscheinigen Argumenten schubladisiert”, kritisiert Reitterer fehlendes Engagement der Gewerkschaft für ihre ureigensten Forderungen.

Für die Gesamtwirtschaft ortet Reitterer viel Potential in der Weiterentwicklung des Tourismus: In nur zehn Jahren hat der Dienstleistungssektor seinen Beitrag zur Dienstleistungsbilanz mit einer Steigerung von 3,6 Mrd. Euro auf 6,7 Mrd. Euro beinahe verdoppelt und damit das schnell wachsende Minus im Güterexport kompensiert. Maßnahmen wie die Flugabgabe, höhere Ortstaxen oder Lohnnebenkosten dagegen gefährden das Wachstum: “In den Tourismusorten stand in der Zwischensaison früher ein Baukran neben dem anderen. Jetzt sparen die Betriebe”, erklärt Reitterer.

Die ÖHV engagiert sich als unabhängige Interessenvertretung für Österreichs Tourismus. Davon profitieren 230.000 Branchenbeschäftigte. Mit rund 152.000 Betten – das entspricht zwei Drittel der Kapazität in der 4- bis 5-Sterne-Superior-Hotellerie – und mehr als 40.000 Mitarbeitern erwirtschaften die ÖHV-Mitglieder einen Gesamtumsatz von rund 3 Mrd. Euro. Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft generierte 2012 über direkte und indirekte Wertschöpfung 15 % des BIP. Ohne würde der Arbeitsmarkt kippen, da Produktion und öffentlicher Dienst Arbeitsplätze abbauen. Die Wirtschaftsförderung konzentriert sich dennoch auf Industrie, Landwirtschaft und Banken. Bei Boombranchen wie dem Tourismus wird seit Jahren gespart. Immer höhere Steuern und Abgaben belasten die Betriebe. Das ÖW-Budget sinkt real etwa seit mehr als zehn Jahren.