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Institut der Arbeitsagentur: Mindestlohn kostet Jobs in Gastronomie und Hotellerie – Schrittweise auf 8,50 Euro erhöhen

(Nürnberg, 18. November 2013) Bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Arbeitsplatzverluste. “Es wird mit Sicherheit keine Million sein”, erklärte IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei im ZDF-Verbrauchermagazin “Wiso” (Ausstrahlung am 18. November, 19:25h). Das IAB ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit.

Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro zum Einstieg ist laut Walwei zu hoch. Das führe zu einem Verlust von Arbeitsplätzen. Nicht nur Ostdeutschland sei davon betroffen. Auch bundesweit drohe in bestimmten Branchen wie Handel und Gastgewerbe ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Walwei rät deshalb, mit einem niedrigeren Lohnniveau einzusteigen und sich dann schrittweise einer Lohnhöhe von 8,50 Euro zu nähern.

Das Thema Mindestlohn ist eines der Streitthemen in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Eine Entscheidung darüber ist bisher nicht gefallen. Jedoch wirbt die Kanzlerin bereits in Unions-Reihen für Verständnis und Akzeptanz der SPD-Forderungen nach einem einheitlichen Mindestlohn.

Sehen Sie dazu einen Bericht bei HOTELIER TV:
Kanzlerin warnt vor Jobverluste durch Mindestlohn

Niedriglöhne: Deutschland steht schlecht da
Ein gesetzlicher Mindestlohn in der Größen­ordnung von 8,50 Euro würde das deutsche Lohngefüge erheblich verändern: Der bislang größte Niedriglohnsektor in der EU würde kleiner und die Lohnspreizung Richtung europäisches Normalmaß zurückgehen. Dies geht aus einer Untersuchung des Wissenschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.

Es liegt an der der Größe des deutschen Niedriglohnsektors: Ein flächendeckender Mindestlohn zwischen acht und neun Euro hätte weit reichende Folgen, wie eine aktuelle Eurofound-Studie deutlich macht. Die Forscher haben potenzielle Effekte eines europäischen Mindestlohns in Höhe von 60 Prozent des mittleren Verdienstes im jeweiligen Land untersucht. In Deutschland entspräche das einem Mindestlohn von über neun Euro pro Stunde – und fast ein Viertel der Beschäftigten hätte Anspruch auf bessere Bezahlung. In keinem anderen Land würde ein so großer Teil der Beschäftigten profitieren: Großbritannien käme auf 19 Prozent der Arbeitnehmer, die Niederlande auf knapp 14 und Frankreich auf 12 Prozent.

Doch nicht nur der Anteil der Arbeitnehmer unter der 60-Prozent-Schwelle ist in Deutschland am größten. Die Löhne unter dieser Grenze liegen im Schnitt auch noch erheblich weiter darunter als in anderen Ländern. Das heißt: Es gibt hierzulande nicht nur besonders viele Niedriglöhner, sondern sie verdienen in Relation zu den übrigen Löhnen auch noch schlechter als anderswo. “Deutschland ist im europäischen Vergleich ein krasser Außenseiter”, sagt IMK-Abteilungsleiter Andrew Watt über die Ergebnisse der Eurofound-Untersuchung. Sicher beträfe ein Mindestlohn in der aktuell diskutierten Höhe sehr viele Beschäftigte. Aber das sei schlicht unumgänglich, wenn Deutschland seinen Sonderweg verlassen und sich in Richtung der in Europa üblichen Lohnstruktur am unteren Ende des Arbeitsmarkts bewegen wolle.

Und das müsse keine Jobs kosten. Denn die derzeit gezahlten Niedriglöhne dürften auch zu niedrigen Preisen für einfache Dienstleistungen in Deutschland führen. Entsprechend bestehe für Unternehmen ein großes Potenzial, gestiegene Lohnkosten aufgrund der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in die Preise weiterzugeben, so Watt. “Die einfache Rechnung höhere Löhne gleich Arbeitsplatzverluste greift viel zu kurz.”

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