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Mehrwertsteuer-Debatte: Fortbestand der Steuersenkung für Hotelübernachtungen auf der Kippe

(Berlin, 03. Juni 2010) Nervosität in der Hotellerie: Bei der Klausurtagung der Bundesregierung am Wochenende könnte es auch um den Fortbestand der Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen gehen. Ob der zum Jahresanfang auf sieben Prozent reduzierte Steuersatz die Sparbemühungen übersteht, ist fraglich. Politische Warnungen gab es zuletzt mehrfach. Nun appellierte Dehoga-Präsident Ernst Fischer: „Die Mehrwertsteuersenkung gibt insbesondere den vielen mittelständischen Beherbergungsbetrieben wieder Luft zum Atmen und dringend benötigte Spielräume für Investitionen. Dieses zarte Pflänzchen Aufschwung darf jetzt nicht kaputt gemacht werden. Die Hoteliers brauchen Planungssicherheit.“

Der Fortbestand der gesenkten Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen steht auf dem Prüfstand - hoffentlich übersteht diese sehr wichtige Maßnahme die Sparüberlegungen der Bundesregierung
Der Fortbestand der gesenkten Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen steht auf dem Prüfstand - hoffentlich übersteht diese sehr wichtige Maßnahme die Sparüberlegungen der Bundesregierung

Nach einer aktuellen Umfrage des Verbandes profitieren von der Mehrwertsteuersenkung Gäste, Mitarbeiter, Handwerker und Zulieferer. Auf die Frage des Dehoga-Bundesverbandes, wofür die Unternehmer die Entlastung verwenden, antworteten bis Ende Mai über 3.800 Gastbetriebe. Fünf Monate nach Inkrafttreten der neuen Regelung beträgt das von diesen Betrieben bezifferte Investitionsvolumen insgesamt 682,5 Millionen Euro. Jedes dritte Haus (32,6%) senkt die Preise um durchschnittlich 6,5 Prozent. Laut Angaben der Unternehmen schaffen diese Betriebe zusammen 5.495 zusätzliche Arbeitsplätze – 2.049 Vollzeit-Mitarbeiter, 1.714 Teilzeit-Mitarbeiter und 1.732 Azubistellen. Über mehr Mitarbeiter, höhere Löhne und noch mehr Schulungen wird kräftig in die Servicequalität investiert. „Die Branche hält Wort“, sagte Fischer.

Die zum Teil unverständliche Mehrwertbesteuerung ist ein Dauerthema im Gastgewerbe und der Foodservice-Branche. „Niemand versteht, warum die Tütensuppe beim Discounter mit sieben Prozent begünstigt wird, während für die frisch zubereitete und servierte Spargelcremesuppe in einem Restaurant satte 19 Prozent fällig werden“, machte Fischer deutlich. „Während Hundefutter mit sieben Prozent steuerlich gefördert wird, schlägt der Fiskus beim Essen für unsere Kinder voll zu und verlangt bei der Schulverpflegung 19 Prozent Mehrwertsteuer.“ Es sei auch eine Frage der Ess- und Genusskultur, für die steuerliche Gleichbehandlung der Gastronomie einzutreten. „Es ist widersinnig, die industrielle Lebensmittelproduktion und das Essen im Gehen mit sieben Prozent zu besteuern, während für die von Hand zubereiteten Speisen in einem Restaurant oder Biergarten 19 Prozent gelten“, sagte Fischer.

Gastwirte und Hoteliers leiden unter Krise und dem Wetter
Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat das Gastgewerbe in Deutschland schwer getroffen. Mit Ausnahme der Wintersportregionen haben bundesweit Hotels und Restaurants au-ßerdem unter dem harten und schneereichen Winter gelitten. Mehr als jeder zweite Gastronom (54,8 Prozent) und Hotelier (56,4 Prozent) setzte in der kalten Jahreszeit weniger um als im Vorjahreszeitraum. Das ist das Ergebnis des aktuellen Branchenberichts des Dehoga-Bundesverbandes, der in Berlin vorgestellt wurde.

Trotz einer leichten Verbesserung gegenüber dem Vorjahr ist die Ertrags-situation der Betriebe weiterhin sehr kritisch: 58,7 Prozent der Hoteliers haben von Oktober 2009 bis März 2010 geringere Erträge als im Winter 2008/09 erwirtschaftet (Vorjahr: 64,6%). Bei den Gastronomen beklagen fast zwei Drittel (61,9%) einen Ertragsrückgang (Vorjahr: 69,3%). „Bürger wie Unternehmen traten angesichts der dramatischen Entwicklungen 2009 auf die Sparbremse. Das bekamen Gastronomen und Hoteliers voll zu spüren“, sagte Verbandschef Fischer.

Auch das laufende Jahr sei schwierig. „Der konjunkturelle Aufschwung kommt nur langsam voran“, sagte Fischer. „Zwar hat sich die Stimmung in der Hotellerie auch dank der Mehrwertsteuersenkung etwas aufgehellt, doch von einer wirklichen Trendwende sind wir noch weit entfernt. Der Weg aus der Krise ist schwer.“ Für das Gesamtjahr rechnet der Verband bestenfalls mit einer Stagnation auf sehr niedrigem Niveau.

Das Ergebnis der Dehoga-Konjunkturumfrage unterstreicht die Angaben des Statistischen Bundesamtes. Danach musste das Gastgewerbe im ersten Quartal 2010 erneut Umsatzeinbußen verkraften. Im Gegensatz zur übrigen deutschen Wirtschaft, die von Januar bis März überraschend um 0,2 Prozent gewachsen ist, setzten Hotels, Restaurants und Caterer im Vergleich zum bereits niedrigen Vorjahresergebnis nominal 1,1 Prozent weniger um (real -3,6 Prozent).

Kaltes Frühjahr verhagelt Open-Air-Geschäft
Die aktuelle Situation in der Gastronomie hat sich noch verschärft. „Das kalte und nasse Frühjahr verhagelte uns das Open-Air-Geschäft“, berichtete Hotelier Fischer. Wie eine Blitzumfrage des führenden Branchenverbandes ergab, setzten 87,1 Prozent der Unternehmer in den Frühjahrswochen 2010 weniger unter freiem Himmel um als im gleichen Zeitraum im Krisenjahr 2009. Knapp jeder vierte Gastronom machte fast gar keinen Umsatz: Bei 23,1 Prozent lag der Rückgang zwischen 80 und 100 Prozent. 15,4 Prozent berichten von um 60 bis 80 Prozent gefallenen Umsätzen, ebenso viele mussten Einbußen in Höhe von 40 bis 60 Prozent verkraften. 28,2 Prozent haben Umsatzverluste zwischen 20 und 40 Prozent gemeldet.

„Bei winterlichen Temperaturen blieben viele Außenterrassen und Biergärten an den Wochenenden und den traditionell umsatzstarken Feiertagen wie Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten leer“, erklärte Fischer. Für die Betriebe sei das „eine Katastrophe.“ Denn sie seien auf gute Umsätze im Frühjahr existenziell angewiesen. „Umsatzverluste in den Monaten April und Mai können im Laufe des Sommers praktisch nicht aufgeholt werden“, so Fischer. „Die Gäste weichen auch nicht unbedingt auf die Innenräume von Kneipen und Restaurants aus, sondern kommen einfach gar nicht.“

Umso wichtiger sei es, dass die Politik die Öffnungszeiten der Freiluftgastronomie endlich an die Bedürfnisse der Gäste anpasse. „Hier brauchen wir dringend Rechtssicherheit“, forderte Fischer. „Damit unsere Unternehmer die Chance bekommen, an den wenigen lauen Sommerabenden ihre Gäste bis 24 Uhr zu verwöhnen, mehr Umsatz zu machen – und so etwas von den Verlusten aufzuholen“, so Fischer.

Der Dehoga-Branchenbericht „Winter 2009/10 – Ausblick Sommer 2010“ steht unter www.dehoga.de kostenfrei zum Download zur Verfügung.