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Urteil: Internet-Pranger für Gastro-Hygienesünder untersagt

(Pforzheim/Karlsruhe, 15. November 2012) Ein Urteil mit Signalwirkung: Die Stadt Pforzheim darf nicht im Internet über Hygienemängel bei einem Pforzheimer Gaststättenbetreiber informieren. Die zweite Kammer des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe gab nun einem Eilantrag statt und untersagte damit den Internet-Pranger. Interessant in der Urteilsbegründung: Aus der zum 1. September in Kraft getretenen Vorschrift (§ 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, LFGB) stünde nicht ergebe sich nicht die Verpflichtung, die Öffentlichkeit über Mängel bei der Hygiene eines Gaststättenbetriebs zu informieren.

Auch wenn es saudreckig ist: Hygienesünder in der Gastronomie dürfen im Internet nicht angeprangert werden, meint das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Foto: Ulrich Jander)
Auch wenn es saudreckig ist: Hygienesünder in der Gastronomie dürfen im Internet nicht angeprangert werden, meint das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Foto: Ulrich Jander)

Obwohl nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Einiges dafür spreche, „dass der Gaststättenbetrieb Verstöße im Sinne dieser Vorschrift begangen hatte“ – sprich: Hygienemängel vorlagen – spreche der Wortlaut des Gesetzes lediglich dafür, dass „die Behörde nur zur Herausgabe einer sogenannten Produktwarnung ermächtigt werde, also zur Information über ein konkretes Lebensmittel, das unter Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gelangt sei“. Dass die Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus die Pflicht der Behörden begründe, die Öffentlichkeit „generell über hygienische Mängel in Betrieben zu informieren“, die Lebensmittel verarbeiteten und/oder in den Verkehr brächten, lasse sich auch der amtlichen Begründung des Gesetzes nicht entnehmen, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts.

Angesichts der erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Veröffentlichung überwiege das Interesse des Gaststättenbetreibers, hiervon vorläufig verschont zu bleiben. Dies gelte umso mehr, als in der Zwischenzeit die Einhaltung der Hygienevorschriften in dieser Gaststätte sichergestellt sei, eine Veröffentlichung deshalb zum Schutz der Verbraucher nicht unerlässlich sei.

Der Beschluss vom 07.11.2012 (2 K 2430/12) ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Pforzheim kann gegen ihn binnen zwei Wochen ab Zustellung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Beschwerde einlegen.

Bislang machen vier Bundesländer – Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Hessen – von der Änderung im Lebensmittel-Futtermittel-Gesetz (Paragraph 40a, Absatz 1 im LFGB) Gebrauch und listen die Kontrollergebnisse ihrer offizieller Hygienetester auf. Eine Übersicht bietet der aus dem TV bekannte Hygienechecker Ulrich Jander: http://www.hotelchecker.tv/internet-pranger-verbraucherschutz/

Kürzlich legte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ein Veto gegen das Verbraucherministerin Ilse Aigner (CDU) initiierte Kontrollbarometer für Gaststättenhygiene ein. Ursprünglich sollte eine Gesetzesänderung vom Bundeskabinett noch im Oktober beschlossen werden. Damit sei das Vorhaben, das Lebensmittel-Futtermittel-Gesetz entsprechen zu ändern, bis auf weiteres blockiert.

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