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US-Restaurants spionieren eigene Kundschaft aus: Vorlieben und Schwächen werden ohne Zustimmung gespeichert

(New York City, 08. September 2012) Der Schutz der Privatsphäre wird im Internetzeitalter Restaurantbesucher zunehmend schwieriger. Der neueste Aufreger zu diesem Thema kommt wieder einmal aus den USA, wo mittlerweile sogar bereits der Besuch eines Restaurants in puncto Datenschutz Probleme aufwerfen kann. Hintergrund ist eine offensichtlich unkontrollierte Praxis in hunderten verschiedener Lokale, bei der neben Namen und Adresse auch die individuellen Geschmäcker, Vorlieben, Gewohnheiten und Schwächen der Gäste ohne deren Wissen oder Zustimmung elektronisch erfasst und gespeichert werden. Die Lokalbesitzer wollen dadurch angeblich die Servicequalität verbessern.

Restaurant "RedFarm" sammelt Kundendaten ein (Foto: redfarmnyc.com)
Restaurant “RedFarm” sammelt Kundendaten ein (Foto: redfarmnyc.com)

“Wenn die Restaurants Daten zu ihren Kunden sammeln und speichern, sollten sie unbedingt darauf achten, dass die Gäste diesem Vorgehen ausdrücklich zuvor zustimmen müssen. Dass hier Data-Mining im Hintergrund betrieben wird, ist grundsätzlich abzulehnen”, erklärt Quintessenz-Obmann Georg Markus Kainz  gegenüber der Nachrichtenagentur Pressetext. Die Verbesserung des Services sei dabei ein recht kurzsichtiges Argument. “Die Leute werden so vielleicht kurzfristig das Gefühl haben, individuell behandelt zu werden. Eine Servicequalität wie damals, als der Wirt noch jeden Stammgast persönlich gekannt hat, lässt sich aber mit Technik nicht erreichen. Die wichtige menschliche Interaktion bleibt dabei vollkommen auf der Strecke”, so Kainz.

Von Lieblingsplätzen bis Trinkgeldern
“Wir registrieren, ob ein Gast koscher isst oder keine Meeresfrüchte mag”, zitiert die New York Times Ed Schoenfeld, Besitzer des RedFarm-Restaurants im Stadtteil West Village. “Wir haben auch jene Kunden gespeichert, die bei ihrem letzten Besuch sechseinhalb Stunden auf ihrem Platz gesessen sind, damit wir ihnen beim nächsten Mal einen unkomfortablen Sitzplatz zuweisen können”, schildert Schoenfeld. Andere Lokale wie die der Altamarea Group gehen hier sogar noch weiter und merken sich beispielsweise neben dem bevorzugten Sitzplatz auch die letzten Rechnungsstände sowie die Höhe der ausgestellten Trinkgelder.

Um die gesammelten Daten bestmöglich verwerten zu können, haben einige US-Restaurants eigene Akronymsysteme entwickelt. Diese machen es Außenstehenden quasi unmöglich, die genaue Bedeutung nachzuvollziehen. So werden wichtige Gäste oft als “PX” (“person extraordinaire”) gekennzeichnet. Aber auch “HSM” (“heavyset man”) für eher korpulente und “HWC” (“handle with care”) für schwierige Kunden sind gebräuchlich. “Dass diese Daten mit einer Wertung verbunden sind, ist besonders problematisch”, betont Kainz.

Einzelfälle auch bei uns möglich
Obwohl dem Quintessenz-Obmann bei uns eine ähnliche Praxis wie in den USA noch nicht bekannt ist, kann er nicht ausschließen, dass so etwas in Einzelfällen von Lokalbesitzern auch hier bereits umgesetzt wird. “Das Problem sehe ich nicht unbedingt darin, dass ein kleines Gasthaus wissen will, welche Vorlieben seine Gäste haben. Problematisch wird es aber dann, wenn auch die großen Ketten die Daten ihrer Kunden speichern, um sie von einer Filiale zur anderen weiterzureichen”, meint Kainz abschließend.