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Zweifel an Mautzahlen: Prognose für Pkw-Maut viel zu hoch – Schaden für Tourismus?

Maut(Berlin, 24. März 2015) Die Einnahmen des Bundes aus der Infrastrukturabgabe, besser bekannt als Pkw-Maut, könnten deutlich geringer ausfallen als vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) veranschlagt. Ein Verlustgeschäft für die öffentliche Hand droht sie gleichwohl nicht zu werden. So lässt sich das Ergebnis eines Expertengesprächs zusammenfassen, das der Haushaltsausschuss des Bundestages durchführte. Welchen Auswirkungen die Maut auf den wichtigen Tourismus haben wird, bleibt abzuwarten. Kritiker fürchten just in den grenznahen Regionen um herbe Umsatzverluste in Gastronomie, Hotellerie und im Einzelhandel; wir berichteten.

Wie hoch das Aufkommen tatsächlich sein dürfte, darüber gingen die Prognosen der vier Verkehrsfachleute allerdings ebenfalls auseinander. Sie erklärten dies damit, dass sich nur sehr begrenzt Aussagen darüber machen ließen, wie viele ausländische Autofahrer deutsche Autobahnen benutzen und wie viele davon Zehn-Tages-, Zwei-Monats- oder Jahresvignetten kaufen werden. Im Gegensatz zur Einnahmenseite halten die Experten die Berechnungen des Ministeriums zu den Kosten der Erhebung der Maut für einigermaßen plausibel.
Als Hauptgrund für die seines Erachtens deutlich zu hohen Einnahmeerwartungen des Verkehrsministeriums nannte Frank M. Schmid von der Firma Schmid Mobility Solutions GmbH, dass im zugrunde liegenden Datenmaterial teilweise Ein- und Ausreise von Fahrzeugen gezählt worden sei. Für die Mauterhebung bei ausländischen Autofahrern sei aber allein die Einreise maßgeblich. Wolfgang H. Schulz, Professor für Mobilität, Handel und Logistik an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, verwies darauf, dass es verlässliche Zahlen zur zu Geschäftsreisen mit Übernachtung, nicht zu solchen ohne Übernachtung gebe. Gleiches gelte für Privatreisen ohne Übernachtung, ergänzte sein Kollege Alexander Eisenkopf, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Verkehrspolitik an der Zeppelin-Universität. Er sehe nicht, dass das Ministerium mit empirisch fundierten Zahlen gearbeitet hat, kritisierte Eisenkopf. Schulz verwies aber darauf, dass das Ministerium solche Schwächen in seinem Gutachten nicht verheimliche, sondern dort, wo die Zahlenbasis auf Schätzungen beruht, auch darauf hinweise.

Zu den von den Fachleuten genannten Unbekannten gehört auch, wie viele Autofahrer bei Einführung einer Autobahn-Maut auf andere Straßen ausweichen würden. Gutachter Schmid erwartet alles in allem, dass die Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe durch ausländische Pkw nur halb so hoch sein werden wie vom Ministerium veranschlagt. Matthias Knobloch von ACE Auto Club Europa e.V. sieht dessen Annahmen sogar um fast den Faktor 3 zu hoch. Das Haus von Minister Alexander Dobrindt stütze sich zu 80 Prozent auf unbelegte Daten. Auf solcher Grundlage einen Systemwechsel bei der Finanzierung der Infrastruktur durchzuführen sei ein Risiko, sagte Knobloch.